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Tierwelt 06 2007

Tierpsychologischer Berater: «Oft helfen einfache Tricks»

Der tierpsychologische Berater hilft, wenn die Katze plötzlich aufs Sofa pinkelt oder der Hund Chef spielt. Er findet heraus, ob das tierische Fehlverhalten auf Stress, falsche Sozialisierung oder eine andere Ursache zurückzuführen ist. Und mit der geeigneten Therapie versucht er, solche Verhaltensstörungen zu korrigieren.

Die Klientin von Ernst Krüsi hatte sich ein teures Sofa angeschafft. Sie konnte es kaum fassen, als ihre fünfjährige Katze plötzlich auf das neue Möbelstück pinkelte. Und das nicht ein Mal, sondern immer wieder. Bisher hatte der Stubentiger seine Geschäftchen stets manierlich draussen im Garten oder im Katzenklo erledigt.
«Die Frau war am Verzweifeln», erzählt der tierpsychologische Berater Ernst Krüsi. «Sie konnte einfach nicht verstehen, warum das Büsi plötzlich nicht mehr stubenrein war.»
Und dann: In Kürze war die Katze wieder die alte. «Manchmal hilft ein einfacher Trick, um eine Verhaltensstörung zu korrigieren - so auch in diesem Fall. Ich empfahl der Katzenbesitzerin in Abwesenheit des Vierbeiners einige <Brekkies> auf dem Sofa zu deponieren. Als diese später auf das Sofa hüpfte, verzehrte sie die Snacks genüsslich - und verzichtete auf das Pinkeln. Denn: keine Katze verunreinigt eine Futterquelle!» erklärt der tierpsychologische Berater.

Ein Telefonat kann genügen

Bevor sie Krüsi kontaktierte, hatte die Dame Bekannte mit Katzen um Rat gefragt, den Tierarzt konsultiert, es sogar mit einem «Katzenflüsterer» versucht: niemand hatte ihr helfen können. «Als tierpsychologischer Berater ist man nicht selten die letzte Instanz. Die Tierbesitzer kommen oft erst zu mir, wenn es schon fast zu spät ist», sagt Krüsi, der seine Praxis vor zehn Jahren eröffnet hat. Denn: «Verhaltensstörungen sollte man so bald wie möglich behandeln.»
Unter Verhaltensstörung versteht er «ein normales Verhalten, das entweder in übertriebenerWeise, zum falschen Zeitpunkt und/oder am falschen Ort gezeigt wird. Wenn ein Hund in der Wohnung zu viel bellt oder seinen Besitzer beisst, hat er ein Problem, er ist gestresst, falsch sozialisiert. Ich muss die Ursachen herausfinden und zu korrigieren versuchen.»
Manchmal genügen zwei, drei halbstündige Telefonate mit einem Tierbesitzer, um ihm zu helfen, eine Verhaltensstörung richtig anzugehen. Meist geht Krüsi aber zu den Klienten nach Hause, sieht sich das Umfeld des Problemtiers an. «Oft haben die Tierhalter keinen Schimmer vom Wesen ihrer Katzen oder Hunde. Es werden gravierende Fehler gemacht, die unweigerlich zu einer Verhaltensstörung führen müssen!»
Beispiel: Wenn dem Hund gestattet wird, im Bett auf Augenhöhe seines Herrchens zu schlafen, sind Dominanz-Probleme vorgespurt. «Im Wolfsrudel darf nur der Ranghöchste erhöht liegen. Der Hund sollte am Boden schlafen.» Für den Hund sei die menschliche Familie sein Rudel. Er müsse in der Rangordnung immer am Schluss stehen, hinter dem Mann, der Frau, den Kindern. Sonst drohe Gefahr: plötzlich wolle der Hund seinen Rang verteidigen und schnappe zu.
Auch allzu viel Zuwendung könne die Rangordnung verwischen. «Viele Leute schimpfen mit dem Tier, wenn es etwas Unerwünschtes macht. Damit bekommt es, was es will: Aufmerksamkeit. Der Besitzer sollte es ignorieren!»
80 bis 90 Prozent der Störungen sind, so Krüsi, erfolgreich therapierbar. Voraussetzung ist, dass die Klienten mitmachen und seine Ratschläge befolgen: «Einige geben allerdings schon nach zwei Tagen auf und nehmen das Fehlverhalten des Tiers aus Bequemlichkeit in Kauf!»

Ein Beruf fürTierfreaks

Wie wurde Ernst Krüsi tierpsychologischer Berater? Einige Stationen: Nach dem Handelsdiplom machte er 1972 das eidgenössische Diplom als Forstwart. Da es ihn reizte, mit Tieren zu arbeiten, nahm er eine Stelle im Zoo Zürich an, wo er hauptsächlich die Menschenaffen betreute. Später wurde er stellvertretender Leiter des Tierheims Rümlang ZH. 1986 machte er das Diplom als Tierpfleger. Da er sich auch für Informations-Technologie interessierte, bildete er sich in Informatik aus, arbeitete im Bereich IT bei einem Zeitungsverlag und bei der EMPA in Dübendorf ZH. Immer zog es ihn wieder zu den Tierberufen zurück: 1996 erlangte er das Diplom als Tierpsychologischer Berater und eröffnete seine Praxis.
«Leben kann ich von diesem Beruf allein nicht, obwohl ich dank meiner früheren Tätigkeiten viele gute Kontakte habe. Darum musste ich immer noch einen anderen Beruf ausüben», gesteht Ernst Krüsi. Zurzeit ist er in einem Informatikunternehmen tätig, wo er vor allem Websites für Tierschutz-Organisationen umsetzt. Die meisten Klienten werden ihm von Tierärzten überwiesen. Ein halbstündiges telefonisches Beratungsgespräch kostet Rat suchende Tierbesitzer 40 Franken. Wenn er die Klienten zu Hause besucht, um eine Analyse und Therapievorschläge vor Ort zu machen, berechnet er 100 Franken pro Stunde. «Wer diesen Beruf ausübt, muss nicht nur ein Tierfreak sondern auch ein Idealist sein!»

JörgWeber

Weitere Informationen:
I.E.T. Institut für angewandte Ethnologie und Tierpsychologie, 8816 Hirzel, www.turner-iet.ch
Ernst Krüsi, dipl. Tierpfleger/ dipl. Tierpsychologischer Berater I.E.T., 8156 Oberhasli,
Telefon 079 404 92 44.
www.tierheime.ch
Tierwelt, Nr. 6, 2007